Interview

MIND OVER MATTER

Klaus Hoffmann-Hoock heißt der Kopf der erfolgreichen Band Mind Over Matter. Ernst Mäfers und Torsten Zimmer sprachen mit ihm anläßlich des Erscheinens seiner CD "Palace of the Winds". Das Interview war in der Radio Waves Sendung vom 29.05.1995 zu hören.

Torsten Zimmer: In den letzten Jahren warst du live sehr aktiv. Wann fing das an?

Klaus Hoffmann-Hoock: Wir haben 1989 angefangen, live zu spielen. Eine neue Platte herauszubringen, war zu der Zeit nicht so einfach. Wir hatten gerade ein Haus gekauft, und ich mußte das ganze Studio neu aufbauen. Deshalb lag der Schwerpunkt damals bei Live-Auftritten.

Torsten Zimmer: War die Besetzung deines Live-Teams konstant?

Klaus Hoffmann-Hoock: Ja, bis etwa '92. Dann ist der Keyboarder "Mike" Grüterich durch Krankheit ausgeschieden, und wir mußten einen Ersatzmann holen. Einmal wurde auch ein Trommler ausgewechselt. Mike ist seit etwa einem Jahr wieder fit und kann wieder mitspielen. Seit Dezember sind zwei neue Leute von der Gruppe Vasudeva aus Dortmund dabei. Peter Kluge spielt Flöte, Saxophon usw. und Udo Winkler Percussion.

Ernst Mäfers: Du bist einer der wenigen Künstler in der EM-Szene, die oft live zu sehen sind. Was reizt dich daran?

Klaus Hoffmann-Hoock: Ich mache das ja schon ewig. Meinen ersten Live-Auftritt hatte ich schon 1969, natürlich mit anderer Musik. Ich fand es immer schon gut, live zu spielen, obwohl das natürlich anstrengend ist. Weniger, die anderthalb Stunden abzureißen, als alles vorzubereiten. Mir hat es immer Spaß gemacht, ein optisches Element einzufügen. Eine Platte ist ja rein akustisch. Gut, du kannst ein paar Bilder dazutun, aber das war's dann.

Unsere Live-Konzeption war damals gar nicht groß vorgeplant. Wir bekamen '89 innerhalb von einer Woche zwei lukrative Angebote, eins aus Belgien und eins für die Computertage in Bremen.

Wir waren damals alle große Genesis-Fans, und uns gefiel immer die optische Komponente ihrer Shows. Nur habe ich live soviel mit den Instrumenten zu tun, daß ich mich darum nicht so kümmern kann. Aber Dagi (Hoffmann) sagte, das machen wir schon. Einige Wochen vor dem Gig haben wir uns dann mit Leuten zusammengesetzt, die mir früher schon mal geholfen hatten, irgendwelche Instrumente einzuspielen, die ich nicht bedienen konnte, und die Frage war: Wie setzen wir das jetzt um? Dabei kamen dann einige wirklich gute Ideen von unserem Lichtmann. Die erste Stage-Nummer war in ein paar Stunden fertig. Wir haben dann innerhalb von zwei, drei Tagen einen Umhang und eine Maske organisiert und probeweise ein Video gedreht. Und dann haben wir das mal live ausprobiert. Wir hatten damals nur eine einzige Performance, diese "Doppelkopf"-Nummer in 'Children of the Midnight'. Und die kam bombig an. Wir waren ja selbst platt, wie man mit einfachsten Mitteln und ein paar Ideen einen solchen Effekt erreichen kann. Und die Leute sagten "Wahnsinn! Das kam unheimlich gut! Die Atmosphäre!", und so entstand die Idee, mehr zu machen. Wir haben dann in den nächsten Jahren, wenn der Veranstalter und der Raum uns das erlaubten, auch Pyrotechnik eingesetzt, z. B. bei der Nummer mit dem Zauberer in 'Journey to Eternity'.

Torsten Zimmer: Wer macht was bei Euch? Ist deine Frau Dagi für die Bühnenshow zuständig?

Klaus Hoffmann-Hoock: Die meisten Ideen entstehen in der Familie. Die Musiker werden erst zusammengetrommelt, wenn konkrete Daten existieren, etwa sechs Wochen vor dem Konzert. Bis dahin haben wir, die "Hoffmänner", uns schon Gedanken gemacht, was man spielen könnte. Es soll immer einen bestimmten Spannungsbogen geben, also z. B. Entspannung, Aufregung, Auflösung, genau wie beim Schauspiel. Wie Dagi das umsetzt, das kann sich ganz spontan ändern. Oft kommen in letzter Minute noch irgendwelche wichtigen Requisiten. Die chinesische Flagge, die in Köln bei dem Titel "Shangri-La" verwendet wurde, hatte ich erst drei Tage vor dem Konzert bei einem Freund gesehen.

Torsten Zimmer: Das Stück 'Shangri-La', bezieht sich ja direkt auf die Situation in Tibet. War das von vornherein so geplant, oder hat sich das so ergeben?

Klaus Hoffmann-Hoock: Das Stück war eigentlich konzeptionell fast fertig. Einen Teil davon hatte ich schon vor langer Zeit mit einer früheren Band gespielt. Ein anderer Teil ist ganz neu dazu gekommen, der war plötzlich da. Ich habe ihn in den Computer gespielt, und gedacht: Der ist aber mächtig, wo kommt der denn jetzt her? Und vor allem: Wo kommt der jetzt hin? Das Stück begann ja so schön friedlich - und dann dieser Bruch. Erst war ich mir gar nicht sicher, ob das wirklich paßt. Warum war denn in so einem friedlichen Ding so eine kriegerische Stelle?

Aber dann sagte Dagi: "Hör mal, das ist doch die genau die Situation: Die Tibeter werden vertrieben aus dem Bereich, in dem sie seit Jahrtausenden zuhause sind. Gewalt, Gier und Machtstreben zerstören ein Land und bringen millionenfaches Leid. Das ist ja in dem Song alles drin." Und damit war der Bezug auf einmal klar: Das ist das Volk Tibets, das vertrieben und zusammengeschossen wird. So ergab sich das.

Torsten Zimmer: Also ein Titel mit einer Botschaft...

Klaus Hoffmann-Hoock: Das habe ich schon oft gehabt. Bei 'Mahatma' war eine ganz klare Aussage, da sprach ja Gandhi selbst. Beim 'Paradise' ist die Aussage auch ganz klar, erst der friedliche Anfang und dann dieser Feuerteil mit unheimlich viel Gewalt. Ich habe auch live immer darauf hingewiesen, daß die ganze Gewalt nichts bringt. Ich will hier nicht den Propheten spielen, aber es kann nicht schaden, wenn man sich das immer wieder bewußt macht, auch im kleinen. Ich übertreibe das nicht, aber ein gewisser spiritueller Touch ist immer drin gewesen. Wobei ich aber nie jemandem sage, du mußt dies und das glauben. Das kann jeder so nehmen, wie er will.

Ernst Mäfers: Bei deinen Auftritten gibt es ja viel "Handgemachtes" zu sehen und zu hören. Schlägt da die Beat-Vergangenheit durch?

Klaus Hoffmann-Hoock: Ich habe schon so viele Live-Acts von Elektronikbands gesehen, und ich habe oft gedacht, das ist ja eine Valium-Show. Die Musiker sind allesamt lieb und nett, und ich habe mit keinem von ihnen Streß, aber ich empfinde das nicht als Live-Spielen. Die Leute werden in einen Sessel gesetzt und sehen vielleicht ein paar Dias, aber das Publikum wird nicht mit einbezogen. Das wollten wir anders machen. Mit der Zeit entwickelte sich der Gedanke, wir könnten da noch eins draufsetzen, und noch eins. Wir wollen das nicht überladen, aber wir wollen mit einfachen Mitteln dafür sorgen, daß die Atmosphäre des Stückes dichter wird. Die Tänzer, die Musiker und die Licht- und Soundleute haben dabei freie Hand, es muß nur passen. Oft ist es auch so, daß ich erst am Tag des Auftritts mitkriege, was da eigentlich abgeht. Ich bin oft selbst überrascht. Das traue ich meinen Bandkollegen aber auch zu, ich kenne die meisten schon sehr lange, und wenn ich sage, an der und der Stelle müssen wir den und den Akzent setzen, dann wissen die von alleine Bescheid.

Torsten Zimmer: Fragen dich manchmal andere Musiker, die ähnliche Effekte einsetzen wollen? Oder gibt es sogar welche, die das bewußt nicht wollen?

Klaus Hoffmann-Hoock: Ich glaube, die, die das nicht wollen, sprechen nicht mit mir darüber. Aber es gibt oft welche, die sagen "Das war ja super! Wie habt ihr den Effekt hingekriegt?". Ich halte damit auch nicht hinter dem Berg, das ist ja alles bekannt, wie man das machen kann. Ich ermutige auch immer wieder Leute, auf die Bühne zu gehen, und dann nicht so eine Lahmarsch-Nummer abzuziehen. Wenn mich eine Gruppe langweilt, dann gehe ich einfach 'raus, da kann die noch so einen großen Namen haben. Ich will nur gut und interessant unterhalten werden, und ich bin nicht schwer zu unterhalten. Aber es muß einen roten Faden geben, und es muß "abgehen".

Wenn wir live spielen, haben wir leider meistens die ehrenvolle Aufgabe, als letzte zu spielen. Nach fünf Konzerten hängen die Leute dann da, sind übersättigt und kaputt, und dann sollen wir die noch hochreissen. Deshalb muß 'was los sein, ein bißchen Peng und Bumm und Zauberei, und dann geht die ganze Musik auch anders ab. Und als Musiker fühlst du dich auch viel besser, als wenn du nur 'rumstehst.

Ernst Mäfers: Wie gehst du beim Komponieren vor?

Klaus Hoffmann-Hoock: Ich sammle erst bestimmte Grundthemen. Ich stelle den Computer an, spiele ein bißchen herum, und irgendwann kommt dann eine Idee. Manche Ideen kommen immer wieder, wie Presets, und die wollen irgendwann mal "erlöst" werden. Ich gebe ihnen dann erst mal einen Namen, damit ich sie wiedererkennen kann. Und irgendwann bin ich an einem Punkt, da merke ich, dieser Teil endet z. B. in D. Wie könnte das jetzt weitergehen? Und dann suche ich mir Teile aus dem Ideenfundus und versuche, sie so zusammenzusetzen, daß sie insgesamt harmonisch 'rüberkommen und auch der Stimmung entsprechen. Das ist ziemlich viel Arbeit. Ich kann da auch kein Rezept geben.

Manchmal kann es auch ganz anders kommen. Ich hatte z. B. seit 12, 13 Jahren eine Loop auf Band gehabt, mit der wußte ich nie etwas anzufangen. Damals besaß ich noch keinen richtigen Sampler, ich hatte nur zwei Sekunden Sample-Zeit in meinem neuen Hallgerät. Und als ich im Studio saß und Musik im Radio hörte, habe ich einfach ein Stück davon aufgenommen. Das paßte so wunderbar zusammen, das war so eine hypnotische Schleife. Und davon habe ich einfach 20, 30 Minuten auf Band aufgenommen. Und ich dachte mir, damit machst du mal was. Später habe ich das dann wieder 'rausgekramt, und mit dieser Loop begann dann der Song 'In a Mogul's Garden'.

Manchmal fange ich aber auch schon mit einer klaren Idee an, die ich dann im Computer durchkomponiere.

Torsten Zimmer: Sind alle Kompositionen von dir?

Klaus Hoffmann-Hoock: Ja, außer bei den Co-Produktionen mit anderen Musikern. Bei dem Stück mit Patrick Kosmos, das auf der CD "In Search of Eternity" erschienen ist, war es so, daß Patrick nicht wußte, wo er das Stück unterbringen sollte, also haben wir uns geeinigt, daß ich es nehme. Einige Stücke mit Ron Boots, bei dernen ich die Gitarre gespielt habe, sind bei ihm herausgekommen.

Auf der neuen CD gibt es das Live-Stück 'Himalaya' vom KLEM-Tag '93, eine vollständige Improvisation von Ron Boots, Eric van der Heijden, Harald Großkopf und mir. Mir gefiel das Stück immer gut, aber außer mir wollte es keiner herausbringen. Nicht weil es schlecht war, aber es paßte nirgendwo. Ich habe mir also die Bänder kommen lassen und sie aufbereitet. Ein wunderbares Stück.

Torsten Zimmer: Gibt es denn auch Reaktionen von, Leuten, die sagen, deine Musik zählt überhaupt nicht zur EM?

Klaus Hoffmann-Hoock: Mehr als genug.

Torsten Zimmer: Und was sagst du denen?

Klaus Hoffmann-Hoock: Was soll man dazu sagen? Ich war mit dem Projekt immer ein Grenzgänger. Eigentlich ist es ja eine rockige Musik mit vielen ruhigen Elementen. Auch die ersten beiden LPs hatten ja saftige Höhepunkte, bei denen dem Meditierenden das Kissen wegflog. Aber der größte Teil war ruhig.

Die rockigen Sachen vom KLEM-Tag '92 fanden einige ganz toll, andere haben uns mit Metallica verglichen. Es gab da ja genügend Acts, die mehr oder weniger ruhig waren, und weil ich ein neues Produkt hatte, wollte ich, daß das richtig kraftvoll 'rüberkommt.

Es war vielleicht ein bißchen laut, das muß ich zugeben. Das lag aber nicht an mir. Unser Mischer kam in der Nacht direkt aus Afrika von einer Aufnahmesession und war völlig übermüdet und noch nicht so richtig da, und da hat er wohl gedacht, was soll's, geb' ich mal richtig Gas.

Viele waren jedenfalls begeistert und haben das gut gefunden. Ich kann nicht versuchen, es jedem recht zu machen, das schaffe ich sowieso nicht.

Ernst Mäfers: Oft ist es ja so: Manche Fans wollen immer wieder die alten Sachen hören, während die Musiker innovative, neue Musik herausbringen möchten.

Klaus Hoffmann-Hoock: Ich versuche immer, Mind Over Matter auf einer bestimmten Schiene zu halten. Du wirst also nicht plötzlich Punk-Elemente darin hören. Anders ist das z. B. bei Tangerine Dream. Ich empfinde Tangerine Dream heute nicht mehr als Tangerine Dream. Ich will jetzt nicht sagen, die waren 1975 am besten oder '82. Aber ich bin der Meinung, wer ein Produkt herausbringt und einen Namen daraufsetzt, der soll auch in etwa wissen, was er da macht. Ein Käufer will ja auch nicht Pril bekommen, wenn er eigentlich ein Bier kaufen will. Der Inhalt sollte am Namen erkennbar sein. Nicht immer derselbe, nur in etwa. Wer z. B. Pink Floyd liebt, liebt ja auch Pink Floyd gerade wegen dieser Zutaten.

Und so ist das bei meinem Projekt eben auch. Bei der neuen CD "Palace of the Winds" haben wir zum erstenmal ganz bewußt Gesang mit Texten eingesetzt. Aber trotzdem werden die Leute sagen, die Elemente haben wir schon mal bei "Mind Over Matter" gehört.

Torsten Zimmer: Warum arbeitest Du auf der neuen CD verstärkt mit Gesang?

Klaus Hoffmann-Hoock: Ich glaube, daß das eine Weiterentwicklung ist. Wenn du nur instrumental spielst, hast du manchmal Schwierigkeiten. Da mag die Melodie und das Ambiente noch so schön sein, aber manchmal fehlt dir eine gewisse Ausdrucksstärke. Nehmen wir zum Beispiel die Musik von Genesis. Die ist ja teilweise schon sehr komplex, aber wenn du die Stimme 'rausnimmst, dann fehlt etwas. Die Stimme gibt zusammen mit der Musik einen ganz anderen Ausdruck. Und diesen Ausdruck kannst du mit der Instrumentalmusik oft nicht erreichen, du möchtest manchmal vielleicht ein Flüstern bringen oder einen Schrei. Wenn also die Stimme dem ganzen Stück Auftrieb bringt, warum nicht? Ich muß mich nicht an irgendwelche Vorschriften halten, ich bin ja nicht in der Musik-CSU.

Ernst Mäfers: Die musikalischen Grenzen verschwinden ja auch immer mehr. Wenn z. B. die Trance-Fans ein Album wie "Blackdance" von Klaus Schulze kennen würden, würde das auf jeder Trance-Fete laufen...

Torsten Zimmer: Wird Mind-Over-Matter-Musik irgendwann auch mal auf Trance-Feten laufen?

Klaus Hoffmann-Hoock: Soll sie ruhig. Damit hab' ich keine Probleme.

Torsten Zimmer: Aber du willst nicht bewußt für diesen Markt produzieren?

Klaus Hoffmann-Hoock: Ich habe immer mit Bands und mit Freunden die Musik gemacht, die uns Spaß gemacht hat. Auf der neuen CD ist z. B. "Roof of the World", ein Live-Stück von 1976. Manche sagen, das klingt ja wie Trance. Aber das Stück ist jetzt schon fast 20 Jahre alt. Mir war nie wichtig, da einen Zettel draufzukleben. Heute heißt es eben Trance, morgen heißt es wieder anders,...

Torsten Zimmer: ...und gestern hieß es "Cosmic Hoffmann".

Klaus Hoffmann-Hoock: Ja, 1977 hatte ich mal mit "Cosmic Hoffmann" einen ungewöhnlichen Auftritt bei einer Science-Fiction-Nacht. Da haben wir Musik gemacht, die man heute wahrscheinlich Trance nennen würde. Ich bin da mit Masken und einer brennenden Geige aufgetreten, und wir haben ganz lange Sequenzen ablaufen lassen. Aber das haben die Leute damals einfach nicht verstanden. Und am nächsten Tag stand in der Zeitung: "'Cosmic Hoffmann' mußte den Synthesizer abschalten." Heute würde man wahrscheinlich sagen: "Was, der Song dauert nur eine halbe Stunde? Macht mal weiter!"

Torsten Zimmer: Da wart ihr der Zeit anscheinend zu weit voraus...

Klaus Hoffmann-Hoock: Vielleicht. Ich weiß auch gar nicht, ob es gut war. Wir hatten bestimmte Themen, und haben dann improvisiert, à la Berliner Schule, mit Pfeifen, Knattern und Rattern, bis die Schwarte krachte!

Ernst Mäfers: Es gab ja auch mal eine Single von 'Cosmic Hoffmann'. War das musikalisch so etwas?

Klaus Hoffmann-Hoock: Nein. Die Cosmic-Hoffmann-Single "Weltraum Boogie" war eigentlich ganz lustig. Ich hatte zuhause mal eine saublöde Kindermelodie aufgenommen, die ich über einen Flanger gesungen hatte. Um einen bestimmten Rhythmus zu machen, mußte ich immer mit dem Mikrofon auf die Tasten hauen, das gab dann immer so ein Geräusch, dschoing, dschoing. Wirklich saublöd, aber eingängig. Meinem alten Freund Andreas Hub vom WDR gefiel das aber. Wir haben die Sache dann neu aufgenommen, und noch eine B-Seite dazu, und sie an die EMI verkauft. Da war man vollkommen begeistert und wollte ganz groß damit starten. Aber dann blieb das Ding doch eine ganze Weile bei der EMI in der Schublade liegen. Und als die Single dann endlich 'rauskam, war gerade die Zeit der Neuen Deutschen Welle mit "Da-da-da", und alle sagten, mein Song sei doch nur ein Abklatsch davon. Und so wurde sie eben ein Flop.

Torsten Zimmer: Besteht die Chance, daß die Single irgendwann mal wiederveröffentlicht wird?

Klaus Hoffmann-Hoock: Die Rückseite der Single habe ich gerade neu bearbeitet und teilweise neu aufgenommen. Das ist jetzt das Stück 'Air India' auf der neuen CD. Das hatte mir schon immer gut gefallen.

Ich wollte bei dieser Platte die ganzen 74 Minuten vollpacken. Und dabei beabsichtigte ich, auch mal ein paar Sachen rauszubringen, die ich vor Mind Over Matter gemacht hatte. Also habe ich 'Air India' und 'Roof of the World' darauf gebracht. Und außerdem wollte ich noch etwas Live-Material bringen. Und dann entstand die Idee mit dem KLEM-Tag-Titel. Wir haben lange gebastelt, bis das alles wie ein Puzzle zusammenpaßte. 74 Minuten sind ja eine lange Zeit, aber ich glaube, wenn du die CD jetzt durchhörst, ist das nie langweilig. Das ist immer wieder unterschiedlich und doch eine in sich geschlossene Sache. So empfinde ich es jedenfalls.

Ernst Mäfers: Hast du eigentlich in Zukunft vor, die modularen Synthesizer und Sequencer aus der "Cosmic Hoffmann"-Zeit wieder mit einzubauen?

Klaus Hoffmann-Hoock: Na ja, das Problem ist, daß ich meinen Mini-Moog nach 20 Jahren verkauft habe, weil ich ihn einfach nicht mehr hören konnte.

Aber jetzt habe ich eine Idee - ich weiß noch nicht, ob ich sie jemals umsetzen werde - eine Live-Band mit Sequenzern und Modulsystemen zu machen, vielleicht auch nur als Vorgruppe von Mind Over Matter, die vielleicht eine halbe Stunde an den Knöpfen abzischt. Das habe ich ja auch jahrelang gemacht.

Und dafür hätte ich dann schon gerne ein Modulsystem. Ob die Band dann "Cosmic Hoffmann" heißt, weiß ich nicht. Ich hab' noch einen andere Namen im Kopf, aber das ist alles noch nicht spruchreif.

Ernst Mäfers: Hast du noch andere Pläne für die Zukunft?

Klaus Hoffmann-Hoock: Ich habe jetzt über ein Jahr an der neuen Platte gearbeitet, und es war ziemlich anstrengend. Ich mache jetzt erst mal Pause. Ich habe aber vor, für die Wellness-Schiene von IC ruhigere, schwebendere Stücke zu veröffentlichen, die dann auch länger dauern können als die Stücke auf den Mind-Over-Matter-CDs.

Ernst Mäfers: Wellness, was bedeutet das?

Klaus Hoffmann-Hoock: Das ist eine CD-Reihe mit ruhiger Heilungsmusik, z. B. für die Massage, für die Kur oder einfach für Leute, die zur Ruhe kommen müssen.

Torsten Zimmer: Du bist ja viel auf Reisen. Hast du dabei auch musikalische Ideen, die du dann irgendwo festhältst?

Klaus Hoffmann-Hoock: Auf Reisen mache ich recht wenig Musik. In die Länder Gitarren mitzunehmen, ist zuviel Schlepperei, und so, wie man dort mit Gepäck umgeht, könnte ich die Gitarre auch gleich in Einzelteilen mitnehmen. Und außerdem habe ich immer wieder festgestellt, daß man doch immer irgendwo ein Instrument findet, wenn man mal Musik machen will, z. B. auf irgendwelchen Feten am Strand. Aber in den letzten Jahren ist das seltener geworden.

Ernst Mäfers: Du bist ja oft in Indien gewesen. Was interessiert dich an der asiatischen Kultur?

Klaus Hoffmann-Hoock: Das fing an mit dem Stück 'Norwegian Wood' von den Beatles. In diesem Sound von der Sitar, da war irgendwas drin, das mich sehnsüchtig erfaßt hat. Und von England kam dann in den Sechzigern diese ganze Asienwelle 'rüber. Dann entstanden die ersten Bands, die nur auf Basis von Tablas und Sitars in Verbindung mit Rock Musik machten, und für mich war das toll. Diese Musik habe ich sehr genossen, und so kam der Wunsch, auch mal dorthin zu fahren, wo diese Musik herkommt.

Natürlich gaukelt diese Musik eigentlich nur eine spirituelle Welt vor, und wenn du Indien kennst, merkst du, daß das eigentlich ein offenes Irrenhaus mit 800 Millionen aufgedrehten Leuten ist - wenn auch ein unheimlich schönes Irrenhaus. Dort ist vieles ganz anders und unglaublich intensiv. Der Lärm, die Umweltverschmutzung, selbst große europäische Städte kommen da nicht mit. Indien ist wahnsinnig anstrengend.

Ernst Mäfers: In deiner Musik spielt die spirituelle Komponente aber eine Rolle...

Klaus Hoffmann-Hoock: Nun ja, wenn jemand ein Gedicht schreibt, beschreibt er ja auch nicht nur seinen Alltag. Ich beschreibe Träume und Ideale, und die kommen in der Musik eigentlich immer vor.



MIND OVER MATTER
DISCOGRAPHIE

Music for Paradise
Remix (1987-1991)
CD: IC 710.059 LP: IC 80.059

The Colours of Life (1988)
CD: IC 710.076 LP: IC 80.076

Trance 'n' Dance (1990)
CD: IC 710.090

In Search of Eternity (1992)
CD: IC 710.166

Live in Concert (1993)
CD: IC 2194-2

Palace of the Winds (1995)
CD: IC 2243-2

Avatar (1998)
CD: IC 87 2328-2




© 1997 Jörg Zimmer